Leseprobe
aus Lenny vom See, Band 2 " Flusslande"
Die Frau dirigierte ihn durch die Gartenpforte zu einem offenen Verschlag. Es roch nach altem Stroh.
„Acolo.“ Ihr kleiner Schubs gab ihm zu verstehen, dass man ihm einen Platz für die Nacht anbot. „Puteți dormi aici.“ Sie machte die Geste des Schlafens und bekräftigte ihre Worte mit einem nachdrücklichen Kopfnicken. Dann kehrte sie zum Haus zurück, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Pete richtete den Blick nach oben. „Ich danke dir, lieber Gott, du meinst es gut mit mir.“ Sorgfältig darauf bedacht, die schmutzigsten Klumpen zu vermeiden, ließ er sich ins Stroh sinken, nutzte seinen Rucksack als Kopfkissen und starrte mit weit geöffneten Augen in den Abendhimmel.
Ein abnehmender Mond stieg über dem Horizont auf.
Im Dorf war es still.
Welch ein Frieden, dachte Pete und lauschte dem ruhigen Klopfen seines Herzens. Er hatte ein Dach über dem Kopf, er hatte zu essen und zu trinken. Langsam entspannte er sich. Im letzten Licht der Dämmerung, angestrahlt von goldenen Sonnenbahnen, erschienen vier Schwäne über den Häusern. Er konnte sie deutlich erkennen, mit lang gestreckten Hälsen und mächtigen Flügelschlägen hielten sie auf einen fernen Höhenzug zu, der sich dunkel gegen den Himmel abzeichnete.
Eines seiner Lieblingsmusikstücke brandete in Petes Kopf auf, Spartakus, und untermalte den Flug der Schwäne, als sei es dafür komponiert worden. In seinem Elternhaus hatte es wenig Raum für Musik und Romantik gegeben, aber hier, in diesem muffigen Verschlag in der hintersten Ecke Rumäniens, fühlte sich Pete mit einem Mal geborgen. Er ließ sich fallen und wurde aufgefangen von der Schönheit des Augenblicks.
„Allmächtiger, was für ein Abenteuer. Wenn es je einen zauberischen Moment gegeben hat, dann diesen“, murmelte er, überzeugt davon, am schönsten Platz der Welt gestrandet zu sein. Das Schweigen des armseligen Dorfes umarmte ihn. Die Augen fielen ihm zu.